„Mir hat das Konzept einer friedlichen, für beide Seiten tragbaren Lösung ohne Rosenkrieg sehr gefallen – lange bevor ich von diesem Lösungsansatz selbst profitieren sollte.
Meine Ehe war längst nur noch eine formale Hülle.
Es gab in diesen 26 Jahren Ehe bereits zwei längere Trennungen. Eine, als unsere gemeinsame Tochter drei Jahre alt war und eine, kurz nachdem die Tochter das Haus zum Studieren verlassen hatte.
Nach beiden Trennungen haben wir es erneut versucht, beides Mal gab es hoffnungsvolle Ansätze und doch war nach der 2. Trennung das emotionale Band zerrissen und als meine damalige Frau erneut eine Außenbeziehung angefangen hat, war für mich das Maß voll.
Ohne große Wut, ohne Rachegefühle oder sonstigen heißblütigen Gefühlswallungen hatte ich innerlich die Gewissheit, dass es nun endgültig vorbei ist. Die Zeit war um und ich war mir sicher: Es ist Zeit für die Scheidung.
Meine damalige Frau hat es „ zur Kenntnis genommen“, hätte sicher gerne in diesem bürgerlichen Konstrukt weitergelebt, aber gewehrt hat sie sich nicht.
Einem Schlichtungsprozesses hat sie ebenfalls ohne Widerstand zugestimmt.
Ich wollte eine Roadmap für den Prozess der Scheidung haben, wollte es sauber und fair zu Ende bringen.
In die erste Sitzung sind wir beide (wir fuhren zu allen Sitzungen gemeinsam) relativ entspannt gegangen.
Mir waren unsere beiden Schlichter sofort sympathisch. Das Konzept, dass eine Frau und ein Mann den Prozess begleiten, ist klug gewählt und hilft über so manche Klippe hinweg.
Nach der ersten Sitzung, ich erinnere mich genau, kam es mir zunächst doch etwas profan vor, dass es am Ende des Tages wohl doch „nur“ um das Geld geht….Wer ist wie abgesichert, wer verdient was usw.
Als es nach der 2. oder 3. Sitzung um das konkrete verteilen der Güter und im Gefolge um den Wert des Ausgleichs ging, kam eine gewisse Spannung zwischen mir und meiner damaligen Frau auf, welche ich wohl bemerkt habe, jedoch war mir der Grund schleierhaft.
Frau Schmidt-Rüdt hat dann doch schnell erkannt, dass es bei meiner Frau um Ängste ging – um ein würdiges Leben im Alter und dass dies benannt und Lösungsansätze gesucht werden müssen.
Im konkreten Fall war die Lösung zu ermitteln, was der jeweilige Partner nach der Trennung braucht, was er/sie selbst beisteuern muss und was vom Anderen kommen muss.
Da ich der „ Vermögende“ mit dem guten Job war, musste ich da eben Federn lassen, was sicher nicht einfach war.
Schritt für Schritt haben uns die Schlichter das Ping-Pong der Zahlungen erläutert und immer wieder gefragt, ob wir da mitgehen können und so entstand das fertige Konzept.
Unser Ergebnis war eine Scheidungsfolgenvereinbarung, welche genau regelte, wie viel Geld ich bezahlen musste, was mit unseren Häusern passiert und wie es um die Altersvorsorge bestellt ist.
Somit war dann der daran anschließende Scheidungsakt beim Amtsgericht nur noch Formsache und nachdem das Amtsgericht den Termin 2x verschoben hatte und wir beim 3. Termin dann noch zufällig am Jahrestag unserer Eheschließung geschieden wurden, konnten wir nur noch lachen und der noch recht junge Amtsrichter war ob der gelösten Stimmung leicht überfordert.
Persönlich hat mir sicher geholfen, die Sache mit dem Geld nicht persönlich zu nehmen.
Ein Aufrechnen, oder gar Hadern führt hier in eine Sackgasse und verbittert einen.
In den Kategorien Schuld und Rache zu denken ist wenig hilfreich. Auch gutgemeinte Ratschläge aus dem Freundes und Bekanntenkreis (lass Dich nicht über den Tisch ziehen usw.) helfen nicht wirklich weiter und der Gesetzgeber hat mit dem Zerrüttungsprinzip, das nicht nach der Schuld fragt, einen genialen Ansatz für eine friedliche Beendigung der Ehe geschaffen.
Wer ist schuld am Scheitern? Sicher nie eine/r alleine….
Meist sind Die getrennten ja auch noch Eltern – bleiben dies ein Leben lang und es macht vieles einfacher, ohne Verbitterung über den anderen dem gemeinsamen Kind begegnen zu können.
Ich spüre und fühle und weiß, dass dies für mich der richtige Weg war und mir geht es heute gut. Ich bin inzwischen eine neue Partnerschaft eingegangen und meine Ex-Frau hat immer noch ihren Freund, das hilft sicher.
Für manche schräg, für mich ein stimmiges Ende ist der Umstand, dass ich meiner ehemaligen Frau die (abgetrennte) Wohnung in meinem nun allein mir gehörenden Haus für zwei Jahre überlassen habe.
Es hat sich für mich einfach richtig angefühlt, nach einer so langen Ehe.
Da meine neue Partnerin nun bei mir eingezogen ist, kommt manchmal ein bisschen Spannung auf, aber ich verlange von beiden eine gewisse Toleranz und Gelassenheit und weil ich da so klar bin und die Sache mit meiner Ex so friedlich über die Bühne ging, funktioniert es einigermaßen und wir sind im Haus eben wie ganz gewöhnliche Nachbarn ohne geheuchelte Herzlichkeiten.
Meine ehemalige Frau wird nach diesen zwei vereinbarten Jahren ausziehen. Eine gemeinsame Wohnung mit ihrem Partner wird gerade gebaut und dann wird an diese Geschichte wohl ein Punkt gesetzt werden können.
Ich kann dann in den Spiegel schauen und sagen, es hätte auch schlimmer kommen können.
Mit freundlichen Grüßen“
Hubert, 55 Jahre (Erfahrungsbericht zwei Jahre nach der Schlichtung)